Ringen ums klimatische Reinheitsgebot

Intensive Diskussion um Luftwäscher für die Tierhaltung

Die richtige Temperatur im Stall sollte nicht nur für eine erfolgreiche Tierhaltung, sondern auch für ein gutes Klima außerhalb der Anlagen sorgen – und das im doppelten Sinne. Denn um Menschen und die Umwelt vor Gefahren und Beeinträchtigungen zu schützen, müssen geeignete Technologien und Mittel zur Anwendung kommen. Im alltäglichen Umgang mit gefährdenden Stoffen sind zudem viele Gesetze und Verordnungen zu beachten.

Seit vielen Jahren wird kontrovers um das Thema ‚Luftwäscher für die Tierhaltung’ gerungen. Hierüber befinden sich aber nicht nur Interessengruppen wie die Öffentlichkeit und die Betreiber im Dissens. Die ‚Kleine Anfrage’, die von der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen am 5. März 2013 an den Deutschen Bundestag gerichtet wurde und die Antworten darauf vom 25. März 2013 haben einen großen Gesprächsbedarf offenbart: Die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Fragen gehen weit über die in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommenen Umwelt- und Tierschutzaspekte hinaus.

So wird jetzt in die Diskussion eine Verschärfung der Gesetzgebung sowie die – auch wettbewerbsrechtlich – nachhaltigere Förderung der zur Umsetzung geeigneten Technik eingebracht. Entsprechend zielt die ‚Kleine Anfrage’ sowohl auf die bisher üblichen Zulassungskriterien des DLG-Signum Tests, das Testverfahren selbst, die Zulassungspraktiken der Behörden als auch auf die eingesetzte Technik.

Die dazu erforderliche Gesetzgebung, Förderung und Wahrung der Wettbewerbsprinzipien sind eindeutig Sache der Politik: Diese hat die bestehenden Defizite sowie den Klärungsbedarf erkannt und beteiligt sich nun intensiv am Willensbildungsprozess.

Für die Verbesserung der Abluftreinigungstechnik sind die Agrar-Ausrüster zuständig. Um diesen Prozess jedoch optimal zu flankieren, ist wiederum die Politik in der Pflicht. Der Grund: Die Entwicklung geeigneter Verfahren und technischer Ausrüstungen sind gerade in diesem Bereich sehr kostenintensiv. Zudem beansprucht die Zertifizierung durch die DLG eine Zeitspanne von mindestens eineinhalb Jahren – von den damit verbundenen hohen Kosten einmal abgesehen. Entsprechend ist eine gute Entwicklungsarbeit unter diesen Bedingungen gerade für kleinere und mittelständische Unternehmen ökonomisch riskant und personell kaum mehr zu leisten.

Der DLG-Signum-Test ist jedoch bei den zuständigen Behörden der Kreisverwaltungen in der Regel Voraussetzung für die Erteilung der Baugenehmigung, wenn etwa ein Abluftreinigungssystem eingebaut werden muss. Der Antwort des BMELV (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) auf die ‚Kleine Anfrage’ ist zu entnehmen, dass staatliche Stellen derzeit nicht planen, weitere Zertifikate für den Nachweis der Funktionsfähigkeit von Abluftreinigungsanlagen in der Tierhaltung anzuerkennen.
Im Zusammenhang mit dem DLG-Signum-Test wird immer wieder der Begriff Eignungsprüfung verwendet. Leider wird jedoch meistens nicht deutlich, dass es sich lediglich um die Eignung der Funktionsfähigkeit entsprechend des Prüfrahmens der DLG handelt.

Kriterien wie die Eignung der Anlagen gemäß entsprechender Gesetze wie dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) und der Anlagenverordnung wassergefährdender Stoffe (VAWS) werden in den Prüfberichten der zertifizierten Anlagen nicht betrachtet. Ob die Anlagen den technischen Regeln für wassergefährdende Stoffe (TRwS), den technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), der Druckgeräterichtlinie (DGRL), dem Bauproduktegesetz (BauPG), der jeweiligen Landesbauordnung (LBO) und dem Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) genügen, ist genau so wenig Gegenstand der Prüfberichte wie die Frage nach der Fachbetriebseigenschaft der herstellenden Firmen nach WHG.

Allerdings werden die meisten Abluftreinigungssysteme als saure Wäscher unter Einsatz hochkonzentrierter Schwefelsäure betrieben. Ob dafür geeignete Materialien eingesetzt werden, wird im Prüfrahmen des Signum-Tests der DLG nicht aufgegriffen. Diese müssen gegenüber dem chemischen Angriff dauerhaft beständig und entsprechend der Gesetzgebung geprüft und zertifiziert sein. Jedoch ist genau hier in der Praxis ein akuter Handlungsbedarf erkennbar.

Letztendlich sind die Betreiber verpflichtet, die entsprechenden Nachweise bei Aufforderung durch die Behörden zu erbringen. Im schlimmsten Fall werden sie im Schadensfall haften müssen, wenn die Nachweise nicht vorliegen. Dies gilt auch im Falle nicht genehmigungspflichtiger Anlagen, wenn der sogenannte Besorgnisgrundsatz nicht eingehalten wird. Dieser besagt , dass… “…jede Person verpflichtet ist, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, um
1. 1. eine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu vermeiden, ….“

Das bedeutet, die Anlagen müssen so sicher sein, dass im Schadensfall keine wassergefährdenden Stoffe in das Grundwasser, in ein Gewässer oder die Kanalisation gelangen können.
Vor diesem rechtlichen Hintergrund sind die Anlagenbetreiber gut beraten, sich unabhängig vom DLG-Signum-Test die Eignung des Abluftreinigungssystems nach WHG sowie die Einhaltung der Gesetze, technischer Regelwerke und Normen vor dem Kauf von ihrem Anlagenlieferanten schriftlich bestätigen zu lassen.

Vielen Betreibern ist zudem nicht bewusst, dass gegenüber dem Wasserrecht im Bereich Jauche, Gülle und Silagesickersaft ganz erhebliche Unterschiede bestehen. Nämlich dann, wenn Chemikalien wie etwa hochkonzentrierte Schwefelsäure zum Einsatz kommen. Oftmals wird die entsprechende Lagertechnik für diese Stoffe durch den Lieferanten nicht mit angeboten oder es werden IBC-Containerlösungen mit Fassungsvermögen von bis zu 1000 Litern bevorzugt.

Im besten Fall enthalten die Angebote eine für das entsprechende Medium zugelassene Auffangwanne oder einen Hinweis darauf. Diese vermeintlich einfachen Lösungen sind im Genehmigungsverfahren einfacher darzustellen, suggerieren einen geringen Verbrauch und geringe Technikkosten.

Im täglichen Betrieb stellt sich dann heraus, dass der Säureverbrauch deutlich über den Angaben liegt. Zudem zeigt sich häufig, dass das Handling der IBC-Container mit hofeigenen Mitteln problematisch ist und einem erhöhtem Gefahrenpotential unterliegt. Höhere Beschaffungskosten für die Säure sind nur eine negative Konsequenz. Vielfach sind weitere Behördengänge notwendig, um die passende Tankanlage anzumelden oder genehmigen zu lassen.