OLG Dresden: GMAC-Bank / Paratus GmbH darf nicht vollstrecken

– sittenwidrige Überteuerung einer Eigentumswohnung war bankbekannt –

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Rechtsanwalt Christian-H. Röhlke, Berlin

In einem aufsehenerregenden Urteil hat das OLG Dresden am 28.06.2012 die Vollstreckung der ehemaligen GMAC-Bank, nunmehr Paratus GmbH gegen einen Schrottimmobilienkäufer untersagt (9 U 1758/11). Die Begründung des OLG: Der GMAC-Bank war die sittenwidrige Überteuerung des Kaufobjektes bekannt. Das OLG greift dabei die Rechtsprechung des BGH auf (Urteil v. 29.04.2008 – XI 221/07), nach welcher die Bank einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Anleger auch dann hat, wenn sie die Risiken des Vorhabens erkennen konnte und ihr die wesentliche Verschiebung zwischen Kaufpreis und Verkehrswert der Immobilie bekannt sein müsste.

Wie genau sah das in der Praxis aus?

Im konkreten Fall betrug der Kaufpreis der Schrottimmobilie 190.000,00 EUR, der von einem Sachverständigen im Rahmen einer Beweisaufnahme ermittelte Verkehrswert lag allerdings nur bei 106.000,00 EUR. „Bei einer derart krassen Kaufpreisüberhöhung geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Kaufvertrag sittenwidrig ist. Hierfür muss auch die Bank einstehen, wenn ihr diese Sittenwidrigkeit bekannt war oder sie diese unschwer hätte erkennen können“, teilt der Berliner Rechtsanwalt Christian H. Röhlke mit, der Kunden der GMAC-Bank vertritt. Das OLG stellte bei der Entscheidung auch darauf ab, dass der Kaufpreis zu 100% von der GMAC-Bank finanziert würde und nicht von dem Anleger ein Eigenkapital i. H. v. 20% oder mehr erbracht werden müsste, wie dies üblicherweise erfolgt. Nach Ansicht des Oberlandesgerichtes hat die GMAC-Bank damit aus der Sicht des Anlegers eine Gewähr dafür übernommen, dass die Darlehenssumme und der Verkehrswert der Immobilie ungefähr gleichwertig seien. Da die GMAC-Bank vor Auszahlung des Darlehens auch gegenüber dem Anleger erklärt hat, das Finanzierungsangebot stehe unter dem Vorbehalt eines positiven Besichtigungsergebnisses, konnte der Anleger davon ausgehen, dass die GMAC-Bank die Wohnung tatsächlich besichtigt hat und auch den Wert der Wohnung mit der Höhe des Darlehens ungefähr als gleichwertig erachtet.

Mehr Schein als Sein?

Im Prozess hatte die Bank dann vorgetragen, die Bewertung der Immobilie nur in ihrem eigenen Interesse und im Interesse des Bankensystems vorgenommen zu haben, aber eine ernsthafte Prüfung nicht durchgeführt zu haben. Aus Sicht des OLG lässt dies nur den Schluss darauf zu, dass die mit der Bewilligung des Darlehens befasste Mitarbeiterin der GMAC-Bank ihre Augen vor der Erkenntnis sittenwidrigen Überteuerung bewusst verschlossen haben. Dies stellt nach der Rechtsprechung auch des BGH einer Kenntnis der Sittenwidrigkeit gleich.

Ist dies ein Einzelfall?

„Unserer Kanzlei liegen ähnliche Fälle vor. So hat etwa ein Anleger knapp 60.000,00 EUR für eine Wohnung in einem Abrissgebiet in Bremerhaven gezahlt, die tatsächlich nur 20.000,00 EUR wert ist. Auch hier hat die GMAC-Bank die Immobilie finanziert und auch hier hat die GMAC-Bank mitgeteilt, die Auszahlung des Darlehensbetrages stünde unter dem Vorbehalt einer positiven Besichtigung“, teilt RA Röhlke mit. Er schließt hieraus, dass die GMAC-Bank flächendeckend die Augen vor der tatsächlich mangelhaften Wertigkeit der von ihr finanzierten Immobilien verschlossen hat und die Wohnungen lediglich auf der Basis der Bonität der Anleger vermittelt hat.

Die GMAC-Bank hat sich, ebenso wie beispielsweise die DKB Bank, als Finanzier von Immobilien zu Kapitalanlagezwecken auf dem Deutschen Markt Anfang der 2000er Jahre etabliert. Viele Immobilienkäufer fühlen sich durch die Banken, ebenso wie über die Vertriebsgesellschaften der „Schrottimmobilien“ über den wahren Wert der Immobilie getäuscht und sitzen nunmehr häufig auf existenzbedrohenden Darlehensverpflichtungen.

Betroffenen Anlegern ist zu raten, die Wirksamkeit der Zahlungsverpflichtungen durch einen spezialisierten Anwalt prüfen zu lassen.

V.i.S.d.P.:

Christian-H. Röhlke
Rechtsanwalt
Der Verfasser ist für den Inhalt verantwortlich.

Röhlke Rechtsanwälte haben ihre Kernkompetenz im Bereich des Kapitalanlagenrechts und der angrenzenden Gebiete des Zivilrechts, insbesondere im Handel- und Gesellschaftsrecht. Ein weiterer Schwerpunkt liegt bei Kleinverdienern, denen vermietete Eigentumswohnungen zur Altersvorsorge als „Immobilienrente“ schmackhaft gemacht wurden. Ein wesentlicher Tätigkeitsschwerpunkt ist auch das Recht der Handelsvertreter, die Regelungen über Provisionen, Buchauszüge, Wettbewerbsverbote. Ergänzende Angaben der Kanzlei finden sie auf unserer Internetseite: www.kanzlei-roehlke.de

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