Oerlikon Leybold Vacuum erhält ATEX Zertifikat für Stahlentgasungsanlagen

In den letzten Jahrzehnten ist der Bedarf an höherwertigen, raffinierten Stählen stetig gestiegen. Parallel dazu stehen Stahlwerke unter steigendem Druck, ihre Prozesse energieeffizienter auszulegen sowie CO2 Emissionen drastisch zu senken. Höherwertige Stähle wie sie etwa von der Automobil- oder Luftfahrtindustrie angefragt werden, benötigen jedoch eine weitere Behandlung in den sogenannten sekundärmetallurgischen Prozessen, die häufig unter Vakuum durchgeführt werden. Entgasungsanlagen, insbesondere jene mit Sauerstoffeinblasung, wie für VOD- und RH-OB – Verfahren, produzieren potentiell explosive Abgase. Ausrüstungen mit ATEX-Zulassung ermöglichen hier sichere und kosteneffiziente Lösungen für mechanische Vakuumlösungen.

“Die heutigen internationalen Standards für mechanische Vakuumsysteme basieren auf der neuesten Generation von Wälzkolbenpumpen und trocken verdichtender Schraubenvakuumpumpen. Die Auswahl solcher modernen mechanischen Pumpenlösungen ermöglicht zudem außergewöhnliche Prozess-Steuerungsmöglichkeiten und nutzt eine höchst zuverlässige Konstruktion, die eine lange Betriebsdauer der Pumpen innerhalb der rauen Umgebung eines Stahlwerkes ermöglicht. Durch die Installation von Standardpumpen in Mehrfachanordnungen lassen sich sogar die höchsten Saugvermögensanforderungen mit Fokus auf die Sicherung des Prozesses erfüllen, und dies bei einer wettbewerbsfähigen Preisgestaltung“, erläutert Uwe Zöllig, Senior Manager des Marktsegments Prozessindustrie.

Bei allen Verfahren der Stahlentgasung unter Vakuum treten Gase und Dämpfe auf, die potenziell gefährlich sind. Im Wesentlichen werden CO und H2 sowie die Dämpfe flüchtiger Metalle freigesetzt. Die metallischen Dämpfe kondensieren an kälteren Anlagenteilen, oxidieren teilweise und bilden Feinstaub, der in Absetzbehältern, Zyklonen und Schlauchfiltern wirkungsvoll abgeschieden wird und somit die Vakuumpumpen nicht erreicht.

Explosionsschutz an Vakuumanlagen insbesondere für solche, die durch Einsatz von Sauerstoff für die Entkohlung viel CO bilden, wurde bisher durch Überdruckklappen an den metallurgischen Reaktionsgefäßen, Warneinrichtungen für Wasserleckagen, Druck- und Temperatur-Sensoren sowie Notfall-Fluteinrichtungen mit Stickstoff sichergestellt. Mit der Einführung mechanischer Pumpen wurden zudem wirksame Kühl- und Staubabscheidevorrichtungen notwendig.

Die entflammbaren Gase CO und H2 können sich nur in einem bestimmten Konzentrationsbereich in Anwesenheit einer Mindestmenge an Sauerstoff entzünden und somit gefährlich werden. Sauerstoff stellt demzufolge einen großen Unsicherheitsfaktor für die Beurteilung einer Explosions-Gefährdung dar. Seine Anwesenheit kann jedoch nicht verhindert werden, da einerseits Leckagen nicht ausgeschlossen werden können und andererseits Sauerstoff in vielen Prozessen sogar zugeführt werden muss. Jedoch sollte der Betreiber die Sauerstoffzufuhr auf das notwendige Minimum reduzieren. Der Einsatz von mit Frischluft gekühlten Vorpumpen erscheint daher aus Sicherheitsgründen nicht sinnvoll, da diese unabhängig von der Prozessführung immer einen hohen Sauerstoffgehalt erzeugen.

Die heutigen mechanischen Standardpumpen erfüllen hohe Anforderungen an die Sicherheit. Falls Unsicherheiten hinsichtlich der Zündfähigkeit von Gasgemischen in den jeweiligen Prozesses bestehen, so muss der Betreiber eine Gefahrenanalyse unter Einstufung der unterschiedlichen Anlagenteile in Explosionsschutzzonen durchführen. Das Ergebnis wird wahrscheinlich die Definition einer Explosionsschutzzone 1 für das Innere des Vakuumsystems ergeben. Für eine solche Einstufung können Pumpsätze mit einem ATEX-Zertifikat Zone 1, Kategorie 2 (innen) für Gase eingesetzt werden. Der Betreiber kann so mit verhältnismäßig geringem Investitionsaufwand den höchsten Sicherheitsstandard für Personal und Ausrüstung erreichen. Die gleichen Überlegungen gelten aber auch für alle Vakuumverfahren mit erzwungener Entkohlung wie VOD, VD-OB und RH- OB, oder für Verfahren mit natürlicher Entkohlung wie VCD sowie für die VD-Entgasung vollberuhigter Stähle mit einer reaktiven Schlacke, insbesondere in Verbindung mit höheren Leckraten. Die Abgaszusammensetzung und der Zeitpunkt des Auftretens zündfähiger Gemische sind bei diesen Verfahren sehr unterschiedlich.

ATEX-Vakuumlösungen von Oerlikon Leybold Vacuum bestehen aus Pumpen und Komponenten, welche die Spezifikation ATEX Kat.2 (i) G IIC T2 erfüllen. Diese können in ATEX-zertifizierten Vakuumsystemen kombiniert werden. So wurde eine zusätzliche Gaskühlung und Temperaturüberwachung zwischen den Pumpen vorgesehen um eine mögliche Überschreitung der Gastemperatur zu verhindern. Sämtliche Pumpen werden durch speziell programmierte Frequenzwandler geregelt und überwacht.

Was den Vakuumpumpsatz betrifft, so müssen potenzielle Zündquellen, wie zum Beispiel Überhitzung oder statische Aufladung, in Betracht gezogen werden, was mit der üblichen Aufmerksamkeit bei der Auslegung und Fertigung für ATEX-zertifizierte Pumpen gelingt. Speziell müssen die Pumpen wirkungsvoll gegen Überlast durch zu hohe Druckdifferenzen geschützt sein um übermäßige Temperaturen zu vermeiden.

Dies gilt für alle möglichen Betriebspunkte angefangen von hohen Ansaugdrucken, über mittlere Betriebsdrucke, die über längere Zeit aufrecht erhalten werden wie verzögertes Abpumpen im VD- Verfahren und die Sauerstoffblasphase beim VOD-Verfahren, bis zu tiefsten Enddrucken mit seinen hohen Kompressionsverhältnissen.

Leistungsfähige Vakuumkomponenten alleine sind keine Garantie für den problemlosen Betrieb der Entgasungsanlage. Durch eine unzureichende Systemkonstruktion sind Bedienerfehler möglich. Der Vakuumpumpenlieferant muss in der Lage sein, einzelne Produkte in eine intelligente schlüsselfertige Lösung zu integrieren, um so die Zufriedenheit des Anwenders sicherzustellen.

Die modernen und leistungsfähigen Vakuumlösungen von Oerlikon Leybold Vacuum beruhen auf nur zwei unterschiedlichen Standard-Pumpentypen, die zu einem dreistufigen Vakuumsystem kombiniert werden. Solche dreistufigen Systemkonstruktionen ermöglichen höchste Saugvermögen bei niedrigster Leistungsaufnahme.