Keine arglistige Täuschung durch Lohnsteuerbescheid

BFH Urteil v. 8.7.15, VI R 51/14
Der Bundesfinanzhof entschied, dass bei der vollständigen Offenlegung des für die Besteuerung relevanten Sachverhaltes durch den Steuerpflichtigen im Veranlagungsverfahren gegenüber dem Finanzamt keine arglistige Täuschung vorliegt. Trotz der Einschätzung des Finanzamtes, dass es sich bei den Angaben des Arbeitgebers des Steuerpflichtigen in der Lohnsteuerbescheinigung um eine unrichtige juristische Bewertung des Sachverhaltes handele, stelle sich eine Bezugnahme des Steuerpflichtigen auf diese Angaben im Einspruchsverfahren ebenfalls nicht gem. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 c AO als sonstiges unlauteres Mittel dar.
Aufgrund der Tatsache, dass der gesamte relevante Sachverhalt aufgedeckt war, konnte diese abweichende juristische Bewertung aber nicht zu einer Abänderung des Einkommenssteuerbescheides gem. § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO führen.
In Hinblick auf § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 c AO lagen die Dinge ähnlich. Denn eine Abänderung eines Steuerbescheides ist nur zulässig, wenn seinem Erlass unlautere Mittel in Form von Bestechung, Drohung oder arglistiger Täuschung zugrunde liegen, § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 c AO. Eine absichtliche Irreführung, die die Willensbildung der Behörde auf unzulässige Weise beeinflusst, ist eine arglistige Täuschung. Schon das Bewusstsein der Unwahrheit begründet dabei die Arglist. Wie der BFH bereits im Urteil vom 14.12.94, XI R 80/92 feststellte, ist keine Veranlassungsabsicht hinsichtlich der Entscheidung des Finanzamtes nötig. Nicht von Bedeutung ist ein eventuelles Mitverschulden des Finanzamts. Die Möglichkeit, falsche Angaben zu erkennen, ist dabei nicht ausschlaggebend.
Allerdings weist § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 c AO wenig Relevanz auf, da im Falle einer arglistigen Täuschung eine Abänderung des Bescheides durch das Finanzamt nach § 173 AO stattfinden kann, sofern neue Tatsachen auftreten. Eine Ausnahme davon ergibt sich durch die Änderungssperre nach § 173 Abs. 2 AO, sodass § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 c AO ein kleiner Anwendungsbereich bleibt.
Mit diesem Urteil stärkte der BFH das Vertrauen des Steuerpflichtigen in Angaben seines Arbeitgebers und damit letztlich in die Rechtssicherheit.