Gute Nachrichten für Betroffene

Statusbericht der Retina Implant AG im Rahmen des DOG-Kongresses 2018 in Bonn

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Das Netzhautimplantat RETINA IMPLANT Alpha AMS (Bildquelle: Retina Implant AG)

Die Retina Implant AG war auch in diesem Jahr auf dem Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft, der vom 27. bis 30.9 2018 in Bonn stattfand, vertreten. Leitthema war die „Ophthalmologie 4.0“. Das hochkarätige Fachpublikum nutzte die Jahrestagung nicht nur zur Diskussion über die Auswirkungen des digitalen Wandels auf die Augenheilkunde, sondern tauschte sich auch über Fortschritte in der Behandlung bisher unheilbarer Augenerkrankungen wie Retinitis pigmentosa (RP) aus. Zu diesen Fortschritten will die Retina Implant AG beitragen: Das Reutlinger Medizintechnik-Unternehmen hat ein subretinales Netzhautimplantat entwickelt und lieferte im Rahmen des DOG-Kongresses einen aktuellen Statusbericht für die Fachöffentlichkeit.

Das Implantat

Funktion
Das Netzhautimplantat RETINA IMPLANT Alpha AMS wird unter der Retina platziert und kann dort Photorezeptoren ersetzen, die bei blinden RP-Patienten ihre Funktion verloren haben. Die Mehrzahl der blinden RP-Patienten kann mit Hilfe des Sehchips unter anderem wieder Lichtquellen wahrnehmen und sich dadurch beispielsweise besser im Raum orientieren. Für zahlreiche internationale Netzhautspezialisten gilt das in Deutschland erstattungsfähige und sofort verfügbare Implantat, in Bezug auf Funktion und Sicherheit, längst als anerkannt. In Europa ist das RETINA IMPLANT Alpha AMS seit 2016 CE-zertifiziert. Elektronische Netzhautimplantate sind bislang der einzige Therapieansatz für blinde RP-Patienten und sind unabhängig von der genetischen Ursache der RP-Erkrankung anwendbar.

Die für die Objektlokalisation wichtige Augenbewegung bleibt bei der subretinalen Implantation des Sehchips nutzbar und es bedarf keines externen Kamerasystems. Die natürliche Reizweiterleitung bzw. die intakten Strukturen der Netzhaut werden für die physiologische Entstehung der Seheindrücke genutzt; eine zusätzliche Signalverarbeitung ist nicht notwendig. Die chipvermittelte Netzhautaktivität wird über den Sehnerv retinotop korrekt an das Sehzentrum im Gehirn weitergeleitet. Das Gehirn muss daher Signalpunkte nicht erst wieder neu zuordnen.

Haltbarkeit
In Tübingen wurde 2014 einer RP-Patientin, die bereits vollständig erblindet war, ein Implantat eingesetzt. Der Chip der heute über 70-Jährigen ist inzwischen seit mehr als vier Jahren im Einsatz und funktioniert nach wie vor. Sie kann beispielsweise Lichtquellen identifizieren und sich damit besser im Raum orientieren. Einer anderen Patientin wurde 2015 in Oxford ein Chip implantiert. Auch heute noch ist sie damit in der Lage, Buchstaben zu erkennen und Wörter zu lesen.
Eine der großen Herausforderungen bei der Entwicklung des Implantats war, den Kamerachip im Auge über Jahre hinweg funktionsfähig zu halten. Anders als bei Herzschrittmachern und Neurostimulatoren, bei denen die Elektronik und die Batterie in einem festen, hermetisch dichten Gehäuse verpackt sind, steht der elektronische Chip in direktem Kontakt mit der Netzhaut und wird nur durch eine wenige Mikrometer dicke, lichtdurchlässige Barriereschicht geschützt. Die Aussagen zur Haltbarkeit beruhten bisher auf Alterungstests im Labor und auf modellbasierten Schätzungen zur Lebensdauer wie sie beispielsweise in der Luftfahrtindustrie üblich sind. Letztere prognostizierten eine Lebensdauer von rund 4,7 Jahren. [Quelle: Daschner et al.: Sensors and Materials, Vol. 30, No. 2 (2018) 179-192]. Der 2014 implantierte Chip hat heute eine Lebensdauer von 4,6 Jahren.

Studien

Forfait Innovation, Frankreich
Anfang Juni 2018 erteilte die französische Verwaltungsbehörde für Gesundheitsversorgung „Direction generale de l’offre de soins“ (DGOS) die Zusage für die Kostenübernahme des subretinalen Netzhautimplantats RETINA IMPLANT Alpha AMS. Die oberste französische Gesundheitsbehörde Haute Autorite de Sante (HAS) hatte den „Forfait Innovation“-Antrag der Retina Implant AG auf Nutzenbewertung ihres Implantats bereits im vergangenen Jahr bewilligt. Wenn die nun gestartete nationale Studie erfolgreich abgeschlossen wird, kann das Implantat in den Leistungskatalog der Krankenkassen in Frankreich übernommen werden. Die ersten Operationen werden an der Universitätsklinik Poitiers und der Clinique St Jean in Montpellier durchgeführt. Das französische Programm „Forfait Innovation“ evaluiert innovative Technologien für das Gesundheitssystem, um sie für die Patientenversorgung in Frankreich zugänglich zu machen. In den kommenden Jahren übernimmt es für 40 Patienten mit der degenerativen Netzhauterkrankung RP die Kosten für das Netzhautimplantat RETINA IMPLANT Alpha AMS. Die Retina Implant AG trägt die Kosten für eine begleitende Studie, die den Einfluss des Implantats auf das tägliche Leben der Teilnehmer untersucht.

Machbarkeitsstudie in den USA
Das Wills Eye Hospital in Philadelphia, Pennsylvania, USA, gehört zu den weltweit führenden ophthalmologischen Kliniken und sponsert die erste US-amerikanische Studie zum subretinalen Implantat RETINA IMPLANT Alpha AMS. Das Wills Eye Hospital hat die FDA-Zulassung für eine sogenannte Early Feasibility Study (EFS) erhalten, um an RP erblindeten Patienten das subretinale RETINA IMPLANT Alpha AMS zu implantieren. Das Implantat hat in den USA den Status eines „Investigational Device“. Das Wills Eye Hospital ist der einzige Standort in Nordamerika, der die EFS-Forschungsstudie durchführt, die bis zu acht Patienten einschließt. Bei positiven Ergebnissen wird im Anschluss eine größere Zulassungsstudie (Pivotal-Study) geplant, um die FDA-Zulassung zu erhalten.

Patienten

Erfahrungen von Implantat-Anwendern
Bei Peter Böhm wurde im Alter von sechs Jahren RP diagnostiziert. Diese unheilbare erbliche Augenerkrankung führt meist zur Erblindung. Tatsächlich ist der heute 50-Jährige inzwischen auf einem Auge vollständig erblindet; auf dem anderen hat er ein geringes Restsehvermögen. Nicht nur als Betroffener, sondern auch aus seinem großen technischen Interesse heraus, sagte er sofort zu, als ihm 2014 die Möglichkeit geboten wurde, an einer Studie der Retina Implant AG teilzunehmen. Im Rahmen der „Multicenter-Studie“ ließ sich Peter Böhm in der Augenklinik Tübingen den Mikrochip unter die Netzhaut seines vollständig erblindeten Auges implantieren. Seine Erfahrungen mit dem Implantat, das ihm sogar Formerkennung ermöglichte beschreibt Böhm so: „Ich konnte an einem Bildschirm Buchstaben erkennen. Das war für mich die Welt!“

Hans-Peter Mai ist vor fünf Jahren vollständig erblindet. In der Dresdner Augenklinik implantierte ihm Prof. Dr. med. Helmut Sachs, Chefarzt der Augenklinik des Städtischen Krankenhauses Dresden-Friedrichstadt, im November 2016 einen Sehchip. Als das winzige Implantat eingeschaltet wurde, konnte er die Lage des Fensters identifizieren und grob die Lage eines weißen Tellers auf einer dunklen Tischplatte ausmachen. Mai kann nun nach weiterführenden Trainings-Maßnahmen beispielsweise Hell-Dunkel-Kontraste zwischen (dunklen) Dächern und (hellem) Himmel erkennen und das Implantat zur Orientierung einsetzen.

Laura Smith erhielt den Sehchip vor über drei Jahren im John Radcliffe Krankenhaus des Oxford University Hospitals von Robert MacLaren, Professor für Ophthalmologie an der Universität von Oxford, GB, implantiert. Im Alltag nutzt Smith ihr Implantat unter anderem beim morgendlichen Spaziergang, um Hindernisse zu erkennen, die teilweise auch mit dem Langstock schwer zu ertasten sind. Auch Smith gelang es, Buchstaben zu identifizieren und damit kurze Wörter zu erkennen. In unbekannter Umgebung kann Smith Türen und Fenster finden und auch kontraststarken Wegen folgen.

Postoperative Trainingskooperationen und -optimierung mit Instituten für Sehbehinderte
Patienten, die ein RETINA IMPLANT Alpha AMS erhalten haben, werden nach der Operation in einem umfangreichen Trainings- und Rehabilitationsprogramm betreut, in das laufend aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse aus dem Bereich der Neuro-Rehabilitation und praktische Erkenntnisse aus der Blindenbetreuung einfließen. Individuelle Lern- und Übungsansätze sollen die Wahrnehmung, die durch das Implantat vermittelt wird, für die Patienten im Alltag kontinuierlich verbessern helfen. Die Retina Implant AG arbeitet dafür mit Experten aus Fachrichtungen wie beispielsweise der Neuro-Psychologie und der Sonder-Pädagogik zusammen. Außerdem kooperiert sie mit Spezialisten für die Arbeit mit erblindeten und stark sehbehinderten Menschen; Partner ist unter anderem die Nikolauspflege – Stiftung für blinde und sehbehinderte Menschen, Stuttgart, als Kompetenzzentrum für Blindheit, Sehbehinderung und Rehabilitation.

Patienteninformationstage an Kompetenzzentren in Kliniken
In Kompetenz- und Implantationszentren in Deutschland finden inzwischen regelmäßig Patienteninformationstage zum Thema Krankheitsverlauf und Behandlung bei RP statt. Zahlreiche Betroffene und ihre Angehörigen sind unter anderem in die Augenklinik des Klinikums der Universität München, die Augenklinik der Klinik Sulzbach/Saar, das Department für Augenheilkunde der Universitäts-Augenklinik in Tübingen oder in die Klinik für Augenheilkunde des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf gereist, um sich direkt bei Spezialisten aus Medizin, Forschung, Patientenverbänden und Industrie über Therapie und Implantat zu informieren.

PRO RETINA Patientenregister
Die Selbsthilfeorganisation PRO RETINA Deutschland e.V. von und für Menschen mit Netzhautdegeneration. Die bundesweite Organisation mit etwa 6.000 Mitgliedern bietet nicht nur Informationen und Beratung, sondern unterstützt auch die Zusammenarbeit zwischen Patienten, Ärzten und Wissenschaftlern. Um einen Beitrag zur Entwicklung wirksamer Therapien zu leisten, bietet PRO RETINA beispielsweise ein Patientenregister an, das neutral, unabhängig und anonymisiert Menschen mit bestimmten Formen von Sehbehinderung ermöglicht, an der Entwicklung von Studien mitzuwirken.

Termine
8.10.-15.10.2018 Woche des Sehens
24.11.2018 Patienteninformationstag für Retinitis pigmentosa an der Augenklinik des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf

Über die Retina Implant AG
Die Retina Implant AG erforscht und entwickelt innovative Therapien und Hightech-Produkte für Menschen, die an der Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa (RP) leiden. Bereits erblindeten Patienten kann das subretinale Netzhautimplantat RETINA IMPLANT Alpha AMS helfen, einen Teil der Sehfähigkeit wieder zu gewinnen. Der Mikrochip besitzt das CE-Kennzeichen und wird in spezialisierten RI Implantationszentren unter die Netzhaut implantiert (subretinal).
Für RP-Patienten mit ausreichendem Restsehvermögen bietet die Transkorneale Elektrostimulation (TES Therapie) mit dem RI OkuStim® System die Chance, den Verlauf der RP-Erkrankung zu verlangsamen.
Das Unternehmen mit Sitz in Reutlingen beschäftigt rund 45 Mitarbeiter und wird geleitet von Reinhard Rubow (CEO und Vorstandssprecher), Jürgen Klein (Vorstand Marketing & Vertrieb) und Dr. Alfred Stett (Vorstand Technologie).

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