Unterschätzte Bedrohung RSV: ein Risiko auch für ältere Menschen

Die warme Jahreszeit nutzen und dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) vorbeugen

Jetzt heißt es aufatmen und vorbereiten: Nach der überstandenen Erkältungs- und Grippesaison sorgen die wärmeren Monate für eine Verschnaufpause und die Erkrankungszahlen gehen in Deutschland zurück. Besonders Menschen ab 60 Jahren oder mit chronischen Erkrankungen sollten diese Zeit nutzen, um sich auf den kommenden Winter und die damit verbundenen Infekte vorzubereiten.

Nicht nur Grippe und Erkältungen füllten in den vergangenen Monaten die Arztpraxen, auch RSV zählte in der inzwischen beendeten Wintersaison 2023/2024 in Deutschland wieder zu den bedeutendsten Verursachern der Atemwegsinfektionen und sorgte für hohe Erkrankungszahlen: das Robert Koch-Institut meldet 54.000 RSV-Fälle, von denen fast 17.000 stationär im Krankenhaus behandelt wurden. (1) Für das Jahr 2019 wird von mehr als 2.500 RSV-bedingten Todesfällen bei Erwachsenen ab 60 Jahren in Deutschland ausgegangen. (2)

Die unterschätzte Atemwegserkrankung RSV kann schwerwiegende Folgen haben. In der Öffentlichkeit ist beim Thema RSV meist von Säuglingen und Kleinkindern die Rede, bei denen die Erkrankung zu einem Krankenhausaufenthalt führen kann. Dabei kann eine RSV-Infektion insbesondere für Erwachsene ab 60 Jahren ein hohes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf darstellen, Personen mit chronischen Krankheiten wie Asthma, COPD oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind sogar noch stärker gefährdet. „Gerade bei Patienten, die an der Grenze zur Pflegebedürftigkeit stehen, gilt es darauf hinzuweisen, dass RSV zwar nur eine Viruserkrankung ist, dass diese aber bei ihnen der ausschlaggebende Grund für einen Übergang in ein Altenheim sein kann“, gibt Prof. Dr. Schelling, Facharzt für Allgemeinmedizin aus Planegg, Bayern, zu bedenken. Daher ist gerade jetzt der richtige Zeitpunkt, sich um seine Gesundheitsvorsorge zu kümmern und sich rechtzeitig über eine mögliche RSV-Schutzimpfung beraten zu lassen.

Was ist eigentlich RSV?

RSV („Respiratorisches Synzytial-Virus“) ist ein Virus, das die oberen und unteren Atemwege befällt. Bei gesunden Personen ähneln die Symptome meist denen einer Influenza- oder Covid-19-Infektion. Schwere Verläufe mit künstlicher Beatmung im Krankenhaus sind ebenso möglich wie eine Erkrankung ohne jegliche Begleiterscheinungen. RSV-Fälle treten gehäuft in den Wintermonaten, aber auch im Frühjahr auf. (3) Da eine natürliche RSV-Infektion nicht zu einer lebenslangen Immunität führt, ist eine wiederholte Ansteckung möglich. Eine durchgemachte Erkrankung kann also nicht vor einer erneuten Infektion schützen. (3)

Warum ist RSV für ältere Menschen gefährlich?

Ältere Menschen sind aus verschiedenen Gründen anfälliger für Infektionen. Zum einen lässt die Leistungsfähigkeit des Immunsystems mit zunehmendem Alter langsam nach, zum anderen können z.B. kardiale, pulmonale Vorerkrankungen oder die Einnahme bestimmter Medikamente das Immunsystem zusätzlich schwächen. Diese geschwächte Immunantwort kann bei einer RSV-Erkrankung schwerwiegende Folgen haben, wie zum Beispiel eine Lungenentzündung oder eine Verschlechterung bereits bestehender Erkrankungen. Für Prof. Dr. Schelling geht es vor allem darum, Patienten vor einem Krankenhausaufenthalt schützen: „Deshalb sage ich zu meinen Patienten: ‚Wenn Sie in das Krankenhaus kommen, dann kehren Sie vielleicht gesund wieder heim. Aber Sie sind vielleicht nicht mehr so fit und belastbar, wie Sie es vor der Erkrankung waren.‘“

Wie wird RSV übertragen?

Das RS-Virus wird durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen. Es gelangt auf die Schleimhäute der Atemwege in Nase, Mund und Rachen, kann aber auch durch Schmierinfektion von Haut zu Haut, über Gegenstände oder Oberflächen übertragen werden. RSV kann in Atemwegssekreten an den Händen etwa 20 Minuten und auf Papiertaschentüchern etwa 45 Minuten überleben. (4) Gerade die Monate, in denen man sich viel in Innenräumen aufhält, sind daher besonders gefährlich. Eine infizierte Person ist in der Regel 3 bis 8 Tage lang ansteckend. Wer sich als ansonsten gesunder Erwachsener ansteckt, bemerkt oft keinerlei Symptome und kann somit das Virus völlig unbewusst weitergeben. (4) Ältere Erwachsene können das Virus über einen längeren Zeitraum ausscheiden, sodass auch auf diesem Weg eine Infektion möglich ist. (3) Seit Sommer 2023 muss eine RSV-Erkrankung gemäß Infektionsschutzgesetz dem Gesundheitsamt gemeldet werden. (3) Eine routinemäßige Untersuchung auf RSV erfolgt bei Atemwegserkrankungen jedoch nicht, da eine sichere Diagnose vorranging nur durch einen PCR-Test gestellt werden kann. (3)

Wie wird RSV behandelt?

Die Erkrankung selbst kann nicht ursächlich, sondern nur symptomatisch behandelt werden und es wird versucht, Komplikationen zu vermeiden. Eine wichtige Maßnahme ist beispielsweise eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, damit das Sekret abfließen kann. Nasenspülungen oder -tropfen können dabei helfen, den Nasen-Rachen-Raum freizuhalten und das Atmen zu erleichtern. Bei schwereren Verläufen kann ein Krankenhausaufenthalt für verschiedene Behandlungsmöglichkeiten erforderlich werden, um verschiedene Behandlungen zur Unterstützung der Atemfunktion durchzuführen. Dies kann unter anderem über die Verabreichung von Sauerstoff geschehen, um die Sauerstoffsättigung im Blut zu verbessern. In einigen Fällen ist auch eine Intubation und mechanische Beatmung notwendig, um eine ausreichende Sauerstoffversorgung sicherzustellen und die Belastung der Atemmuskulatur zu verringern. (3)

Wie können sich ältere Menschen vor RSV schützen?

Das Einhalten von Hygieneregeln, z. B. regelmäßiges Händewaschen oder hygienisches Niesen und Husten, kann die Verbreitung von RSV-Infektionen sowohl in der Familie als auch in der Öffentlichkeit minimieren. (4) Mehrfachinfektionen im Laufe des Lebens sind möglich, eine durchgemachte Erkrankung macht also nicht immun. (3) Aufgrund der rein symptomatischen Therapie, der Schwere der Infektionen und der möglichen Risiken ist es wichtig, sich jetzt vorzubereiten und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Die Sommermonate bieten eine gute Gelegenheit, sich über die Schutzmaßnahmen zu informieren. Der sicherste Schutz vor einer RSV-Infektion und ihren möglicherweise drastischen Folgen ist eine Impfung, über die man sich am besten rechtzeitig Gedanken macht. Prof. Dr. Schelling merkt an: „Man kann durchaus überlegen, ob man RSV schon vor der Saison impft.“ Ärztinnen und Ärzte beraten dazu gerne, weitere Informationen sind auch auf https://www.impfen.de/impfungen/rsv/ zu finden.

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**Info: Gendergerechte Sprache: Dieser Text schließt prinzipiell alle Geschlechter mit ein. Zur besseren Lesbarkeit wird jedoch nur eine Geschlechtsform verwendet – welche das ist, liegt im Ermessen derjenigen, die den Text verfasst haben

(1) Robert Koch-Institut, Wochenbericht KW 14: https://influenza.rki.de/Wochenberichte/2023_2024/2024-14.pdf. Mai 2024

(2) Savic M, et al. Respiratory syncytial virus disease burden in adults aged 60 years and older in high-income countries: A systematic literature review and meta-analysis. 2022; Epub ahead of print (doi:10.1111/irv.13031). Mai 2024.

(3) Robert-Koch-Institut: RKI-Ratgeber „RSV-Infektionen“. Verfügbar unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_RSV.html. Mai 2024.

(4) Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA): Erregersteckbrief RSV. Verfügbar unter https://www.infektionsschutz.de/erregersteckbriefe/rsv/. Mai 2024.