Mehrere Verfahren gegen Ärzte unter Korruptionsverdacht vor dem Aus

Nach Informationen des ARD-Magazins „Report Mainz“ stehen offenbar mehrere große Verfahren wegen des Verdachtes der Korruption gegen niedergelassene Ärzte vor dem Aus. So prüft die Staatsanwaltschaft Hamburg zur Zeit die Einstellung des Verfahren „Zyo Pharma“, bei dem Ärzte für die Verschreibung eines Krebsmedikamentes bestochen worden sein sollen. „Nach unserer bisherigen Einschätzung wird das Ermittlungsverfahren wohl einzustellen sein. Die Ermittlungsgruppe ist bereits unmittelbar nach dem Bekanntwerden der BGH-Entscheidung aufgelöst worden“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hamburg Wilhelm Antonius Möllers gegenüber „Report Mainz“.

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat bereits Konsequenzen gezogen. Im Verfahren „Onchosachs“ war bundesweit gegen mehr als 50 Krebsärzte ermittelt worden. Staatsanwalt Wolfgang Klein sagte gegenüber „Report Mainz“: „Wir haben sehr viele Mühen in dieses Verfahren gesteckt, mit viel Personal mit viel Zeit, viele Beweismittel gesammelt, wir hatten viele Erkenntnisse über Zuwendungen, bis zu 500.000 Euro in etwa für einen Arzt.“ Doch nach dem BGH-Beschluss müssten in den meisten Fällen Konsequenzen gezogen werden: „Wir werden diese Verfahren jetzt einstellen.“ Auch die Staatsanwaltschaft Hannover prüft zurzeit Konsequenzen für ein großes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Korruption gegen Ärzte. „Wir sehen einen klaren Bezug des BGH-Beschlusses zu unserem Verfahren“, sagte Staatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel dem ARD-Magazin. In diesem Verfahren waren im Frühjahr in 13 Bundesländern über 200 Wohnungen und Büros von Ärzten durchsucht worden. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte bereits im April darauf verwiesen, dass Rechtsgrundlage für ihre Ermittlungen sei, dass Ärzte rechtlich als Vertreter der Krankenkassen zu werten sind. Dieses hatte der BGH vergangenen Freitag verneint. Experten bezweifelten dem ARD-Magazin gegenüber, dass es zukünftig ausreichen werde, gegen Korruption allein mit den verbleibenden Rechtsmitteln vorzugehen. Im Besonderen sei die Berufsordnung der Ärzte, die Korruption ebenfalls verbiete, nicht ausreichend. Die Korruptionsermittlerin der Krankenkasse KKH Allianz in Hannover sagte demnach, dass sie in den vergangenen Jahren immer wieder starke Indizien für Korruption bei niedergelassenen Ärzten an die zuständigen Landesärztekammern ohne Erfolge weitergegeben habe: „In all den Fällen, wo wir das getan haben, ist nichts passiert, die Kammern machen nämlich nichts anderes, als dass sie den Arzt zur Stellungnahme auffordern, der sagt regelmäßig, dass die Art der Versorgung, wie er sie vorgenommen hat, medizinisch notwendig war, und damit ist die Sache für die Kammer erledigt.“ Michels forderte demnach, dass der Gesetzgeber jetzt Konsequenzen ziehen müsse. „Wir brauchen jetzt dringend eine rechtliche Regelung, die Korruption im Gesundheitswesen unter Strafe stellt, denn ansonsten kann munter weitergemacht werden wie bisher.“ Ein neues Gesetz hatte der Präsident der Bundesärztekammer Frank Ulrich Montgomery mit dem Verweis auf die Berufsordnung der Ärzte zuvor abgelehnt. Bundesgesundheitsminister Bahr kündigte entgegen ersten Stellungnahmen des Bundesgesundheitsministeriums mittlerweile doch an, Konsequenzen zu prüfen. In einer aktuellen Stunde des Bundestages sagte er: „Wir werden prüfen, ob und welche Konsequenzen aus diesem Urteil zu ziehen sind. Es ist zu prüfen, ob bestimmte Verbote strafbewährt sein sollten.“ Der Bundesgerichtshof hatte vergangene Woche entschieden, dass Korruption bei niedergelassenen Ärzten nicht strafbar ist, da niedergelassene Ärzte Freiberufler sind und nicht als Vertreter der Krankenkassen zu werten sind. Bestechung und Bestechlichkeit ist bei festangestellten Krankenhausärzten aber weiterhin strafbar.