Frage: Herr Sternberg, Scoredex wurde im Winter 2012 gegründet und steht im Wettbewerb mit einer Vielzahl von Auskunfteien. Braucht es in diesem Markt wirklich noch einen weiteren Wettbewerber?
Sternberg: Das ist natürlich eine Frage, die wir uns vor Gründung selbst gestellt haben und für die es nur eine Antwort gab: JA! Hierfür gibt es gleich eine Reihe von Gründen. Erst einmal muss erwähnt sein, dass wir uns überhaupt nicht als Konkurrenten der Auskunfteien sehen. Diese bieten reine Prüfung der Bonität eines Unternehmens oder einer Person an. Bewertet wird also die statistische Kreditausfallwahrscheinlichkeit innerhalb der ersten 12 Monate. Dieser Zeithorizont ist für Scoredex viel zu kurz. Quasi jede atypische Beteiligung oder Investments in geschlossene Investmentprodukte haben einen Horizont von mindestens fünf, häufig sogar 10 oder mehr Jahre. Entsprechend wenig hilfreich ist deshalb die klassische Bonitätsprüfung. Dennoch kaufen wir die Daten von renommierten Auskunfteien und nutzen die Daten zur Erstellung des Scoredex. Wo die Auskunfteien aufhören, beginnt unsere Arbeit dann erst so richtig.
Frage: Was machen Sie denn anders als die Auskunfteien?
Sternberg: In erster Linie verfolgen wir einen ganzheitlichen Ansatz. Wir nutzen also deutlich mehr Daten als bei einer klassischen Bonitätsprüfung. Im ersten Schritt betrachten wir Daten über das Unternehmen sowie die dahinterstehenden Unternehmer, die uns aus Schnittstellen geliefert werden. Hierzu gehören Handelsregister, Insolvenzgerichte, zwei große Auskunfteien, Geomarketingdaten sowie eine Auswertung der Online- und Printpresse. Im Anschluss daran nimmt einer unserer Reputationsmanager Kontakt zum Unternehmen auf, um die vorliegenden Daten auf Vollständigkeit und Korrektheit zu überprüfen. Während des Interviews werden ca. 120 Fragen beantwortet, die alle auf die Seriosität und Kontinuität des Unternehmens oder der Entscheider abzielen. Am Ende werden alle vorliegenden Daten zu einem Scorewert komprimiert, dem „Scoredex“. So gelingt es uns die Fehlerquote, die alle einschlägigen Studien bei Auskunfteien zwischen 40% und 70% sehen, drastisch zu reduzieren.
Frage: Das klingt ja schön und gut. Woher nehmen Sie überhaupt die Kompetenz solche Unternehmensbewertungen durchzuführen? Ist das Ganze nicht ein bisschen anmaßend? Warum sollten Anleger Ihrer Bewertung trauen können?
Sternberg: Anleger sollten sich prinzipiell eine eigene Meinung bilden. Diese Aufgabe können wir leider niemandem abnehmen. Was wir aber können, ist dem Anleger die wichtigsten Informationen zur Entscheidungsfindung zur Verfügung zu stellen. Und das in einem Umfang, den er selber nur unter sehr hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand realisieren könnte. Dabei sind diese Informationen so entscheidend. Der Anleger ist doch quasi aufgeschmissen, wenn er versucht verschiedene Investmentmöglichkeiten zu vergleichen. In den Verkaufsprospekten sehen alle Angebote spitzenmäßig aus. Die Realität zeigt aber die Gefahren die es gibt. Schauen Sie doch einfach mal auf die vielen Immobilienfonds die geschlossen werden mussten oder denken Sie an die Schäden die vor ein paar Jahren von den viel gelobten Filmfonds verursacht wurden.
Wir kennen den Markt und die Risiken, insbesondere am Grauen Markt, bestens. Unsere Mutter GoMoPa beschäftigt sich seit rund 12 Jahren mit Abzockern und Betrügern in diesen Marktsegmenten. Mit Scoredex wurde der Spieß einfach umgedreht. Nicht die unseriösen Anbieter werden als solche benannt – das macht weiterhin GoMoPa – sondern die seriösen Unternehmen werden als solche hervorgehoben und promoted.
Frage: Gut, von Auskunfteien mag sich Ihr Ansatz ja unterscheiden, aber auch Ratingagenturen gibt es mittlerweile fast wie Sand am Meer. Diese haben ja auch einen mittel- und langfristigen Betrachtungshorizont, ähnlich wie der Ansatz von Scoredex.
Sternberg: Das stimmt zwar, allerdings gibt es aus unserer Sicht zwei große Probleme im Bereich der Ratingagenturen. Ersterer bezieht sich auf die Kunden der großen und mittleren Agenturen. Diese sind so gut wie 100% große Aktiengesellschaften, die zumeist rechtlich verpflichtet sind solche Ratings Ihren Investoren oder auch den Behörden vorzulegen. Kleine und mittelständische Unternehmen, die den allergrößten Teil des Finanz- und Immobilienmarktes ausmachen, werden in der Regel gar nicht gerated. Ausschlaggebend ist hier vor allem der Preis für solche Ratings, der schnell im fünf- bis sechsstelligen Bereich landen kann. Die Prüfung dieser Unternehmen kann Scoredex aufgrund des sehr hohen Automatisierungsgrades sogar kostenfrei anbieten. Nur weitergehende Dienstleistungen, wie Lizenzrechte für das Gütesiegel, sind für die bewerteten Unternehmen kostenpflichtig.
Das zweite, nicht minder wichtige Problem ist die Finanzierung der Ratingagenturen. Einerseits sollen die Ratings unabhängig sein, andererseits werden die Ratings von den bewerteten Unternehmen bezahlt. Die Agenturen befinden sich quasi in einer dauerhaften Moral-Hazard-Situation: sie müssen den Ansprüchen Ihres Auftraggebers gerecht werden, der verständlicherweise ein gutes Rating für sein Geld erwartet. Auf der anderen Seite sollen sich Anleger auf die angeblich unabhängige Analyse verlassen können. Ein schlechtes Rating kann also einen zahlenden Kunden kosten, ein falsches gutes Rating hingegen zu finanziellen Schäden bei Anlegern führen, die sich auf die Ratings verlassen. Einzelne Unternehmen sind sogar dazu übergegangen sich Ratings von mehreren Agenturen erstellen zu lassen und nur die Besten zu veröffentlichen. Verschärft wird die Situation durch die starke Konkurrenz zwischen den Ratingagenturen. Genau solche Abhängigkeiten wollten wir bei der Gründung von Scoredex unbedingt verhindern.
Frage: Das klingt ja alles schön und gut. Sie wollen jetzt aber nicht behaupten, dass Sie mit Ihrem Unternehmen kein Geld verdienen wollen.
Sternberg: Auch wir sind natürlich unseren Gesellschaftern verpflichtet und auch die Marktbedingungen gelten für Scoredex. Entsprechend steckt auch hinter unserem höheren Ziel – der Schaffung von Transparenz und Vertrauen in diesen risikoreichen Marktsegmenten zu erhöhen – ein Geschäftsmodell. Die Finanzierung von Scoredex basiert auf einem dualen Zahlungssystem: die Dossiers auf www.scoredex.com können von Nutzern gegen einen kleinen Obulus von 9,90 € je Profil abgerufen werden, womit wir sämtliche Auskunfteien nicht nur bei der Informationsvielfalt, sondern auch beim Preis um Längen schlagen. Erstrecherchen sind für unsere Nutzer sogar kostenfrei.
Oder – und das ist die Alternative, die für Unternehmen mit einem hohen Score in Frage kommt – das Unternehmen kann sein Profil für eine umsatzabhängige Jahrespauschale für alle Scoredex-Nutzer freischalten lassen.
Frage: Dann sind Sie ja doch größtenteils von den bewerteten Unternehmen abhängig.
Sternberg: Am wichtigsten ist uns unsere Unabhängigkeit! Wir sind nicht darauf angewiesen, dass uns Unternehmen Aufträge geben, sondern können die Dossiers neutral und unabhängig erstellen. Den guten Unternehmen werden dann die weitergehenden Marketingmöglichkeiten angeboten. Das entspricht ja auch unserer Vision: Marktbereinigung und eine Umsatzverschiebung von unseriösen hin zu seriösen Unternehmen. Am Scoredex ändert sich aber nichts, ob Sie jetzt Ihr Dossier werbetechnisch nutzen oder nicht. Im zweiten Fall müssen dann halt potentielle Anleger ein paar Euro für diese exklusive Informationsvielfalt investieren.