Gewinnerstrategien der Top-Zulieferer haben M&A im Blick
Von Siegfried Frick, Deloitte
Die positive Entwicklung der Aktienkurse deutscher Automobilzulieferer setzte sich in den letzten Jahren weiter fort. Nach der Finanz- und Wirtschaftskrise konnten die Anleger und Eigentümer von diesem Trend überdurchschnittlich profitieren. Der größte Teil der globalen Top-Performer der Zuliefererbranche kommen aus Europa und davon fast die Hälfte aus Deutschland. Die Top-Zulieferer setzen vor allem auf Technologie, Innovation und Modularisierung ihres Produktportfolios.
Mit der aktuellen Deloitte-/IHS-Studie „Delivering Exceptional Shareholder Value: Analysis of Leading Performance in the Automotive Supply Base“, wurden die Ergebnisse, bei der global 214 Unternehmen (48 europäische und darunter 18 deutsche Firmen), in die Analyse einbezogen wurden, dargestellt. Die Studie zeigt die Top-Performer sowie die sechs Gewinnerstrategien und die dafür maßgeblichen strategischen und operativen Hebel der einzelnen Marktteilnehmer. Insgesamt haben die Top-Zulieferer in den letzten zehn Jahren weltweit den Shareholder Value um über 50 Prozent bzw. mehr als 160 Milliarden USD gesteigert: Die Besten haben den Wert um 449 Prozent verbessert, das Mittelfeld hat ein Plus von etwa 106 Prozent generiert, während die Schwächsten rund neun Prozent an Werten eingebüßt haben. Die Branchenbesten haben die Wertverluste der zurückliegenden Krisenjahre bereits ausgeglichen, während andere das Vorkrisenniveau noch nicht wieder erreicht haben – zusammen konnte knapp ein Viertel der Verluste wieder kompensiert werden. Für die schwächeren Unternehmen bedeutet das einen leichten, aber kontinuierlichen Wertverlust. Damit zeigt sich ein breiter Graben zwischen den Besten und den Schwächsten der Branche – insbesondere in den Industrieländern. Eine deutlich größere Zahl der “Top Performer” in Bezug auf die Wertentwicklung kommt aus den Bereichen Chassis/ Breaks sowie aus dem Bereich Powertrain. Nur ein relativ kleiner Teil der Top Performer kommt aus dem Bereich Elektrik / Elektronik, was angesichts der bahnbrechenden Innovationen in diesem Bereich überraschen mag, aber mit dem harten Margendruck und dem intensiven Wettbewerb zu erklären ist.
>> Deutsche Unternehmen mit starker Position <<
Die starke Stellung europäischer bzw. deutscher Unternehmen hängt überwiegend mit deren Technologie- bzw. Innovationsführerschaft zusammen, dem wichtigsten Differenzierungsmerkmal. Auch die fortschreitende Modularisierung der Produkte spielt eine Rolle. Deutschland steht in nahezu allen Disziplinen gut da, ebenso wie bei der Kapazitätsauslastung, und stellt weltweit acht Prozent der Top-Performer – in Europa sind es 18 Prozent. Eine ansteigende Tendenz zeigt sich nicht zuletzt bei den strategischen, grenzüberschreitenden Akquisitionen deutscher Unternehmen. Deutsche Zulieferer nutzen verstärkt die Gelegenheiten, im Ausland nicht nur mit Greenfield-Investitionen oder Joint Ventures ihre Präsenz auszubauen, sondern etablierte Wettbewerber oder frühere Partner zu übernehmen. Deutsche Zuliefererfirmen schneiden im internationalen Wettbewerb also gut ab – auch, weil sie bei den sechs Gewinner- Strategien die entscheidenden Hebel zu bedienen wissen. Dazu gehören unter anderem gezielte Kooperationen und eine aktive M&A Strategie, ein kontinuierlicher Fokus auf Wertschöpfung, der stetige Blick auf die Kundenbedürfnisse, klare strategische Zielsetzungen und ein effizientes Risikomanagement. Die Top-Performer der Branche zeigen, dass permanente Optimierung des eigenen Produktions- und Produktportfolios durch Zukäufe und Verkäufe von Randaktivitäten besonders rasch Werte schaffen und Werte liefern kann. In Europa ist Deutschland in der Automobil- Zulieferindustrie also einmal mehr den Klassenbesten, denn die Unternehmen zeigen ein tiefes Verständnis der eigenen Stärken und Schwächen, eine strikte Wertorientierung – und natürlich operative Exzellenz in allen Bereichen.
>> Konsolidierung schreitet voran <<
Bei der Konsolidierung der Branche, bei Käufen und Verkäufen von Zulieferern hat sich in den vergangenen Jahren ein bemerkenswerter struktureller Wandel ergeben, der die steigenden Preise für Zulieferer zum Teil erklärt: Zwar ist die Zahl der Zulieferer-Transaktionen in Deutschland und der Grad der fortschreitenden Konsolidierung mit 40 bis 50 Transaktionen pro Jahr seit längerem relativ konstant. Während vor der Krise 2008 bei den inländischen Zuliefertransaktionen Private Equity Investoren als Käufer mit großem Abstand die Szenerie beherrschten (siehe Grafik), hat in 2013 die Zahl der ausländischen Strategen, die in Deutschland Zulieferer aufkaufen, drastisch zugenommen. Insbesondere Käufer aus dem asiatischen Raum tragen zu starker Nachfrage und hohen Kaufpreisen bei. Private Equity-Investoren sind aber keineswegs „out“. Insbesondere im Restrukturierungsumfeld sowie bei der strategischen Neupositionierung von Tier-2 und Tier-3 Zulieferern bei ihrem Bemühen, den OEM-Kunden global zu folgen, spielen Finanzinvestoren immer eine wichtige Rolle.