E-Bikes: Kein Erstattungsanspruch durch Pflegeversicherung

Elektrofahrräder sind für ältere Menschen und für Behinderte ein beliebtes Hilfsmittel, das die Mobilität bis ins hohe Alter erhalten kann. In einem jetzt veröffentlichten Urteil wurde allerdings bekannt, dass die Kosten für ein solches Fahrzeug nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung oder die Pflegeversicherung erstattungsfähig sind. Auch eine ärztliche Verordnung begründet keinen Anspruch des Versicherten auf eine Kostenübernahme durch die gesetzliche Pflichtversicherung, wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen kürzlich entschied (Az. L 4 KR 454/11).

Keine Abrechnung als Pflegemittel möglich

Der Kläger war im vorliegenden Fall wegen einer Oberschenkelamputation zu 80 Prozent schwerbehindert. Er legte seiner Versicherung eine Bescheinigung des behandelnden Facharztes vor, in der festgestellt wurde, dass ein elektrisch betriebenes Fahrrad für ihn erforderlich sei. Mit dem Hilfsmittel sollte die Teilnahme am mobilen Alltag ermöglicht und erleichtert werden. Der Versicherer lehnte allerdings die Kostenübernahme für das Fahrrad ab. Daraufhin reichte der Kläger eine Klage auf Zahlung beim Osnabrücker Sozialgericht ein. Das Sozialgericht beschied seine Klage ebenso abschlägig wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in der folgenden Instanz. Die Richter begründeten ihr Urteil damit, dass der Kläger durch das Elektrofahrrad zwar am Straßenverkehr teilnehmen könne und dadurch seine Behinderung oder seine Pflegebedürftigkeit ausgleichen könne. Doch E-Bikes sind regelmäßig auch ein Fortbewegungsmittel für gesunde ältere Menschen. Sie sind somit nicht speziell zum Ausgleich einer Behinderung oder zur Linderung einer Krankheit konzipiert. Vielmehr seien sie ein Gebrauchsgegenstand für den Alltag, deshalb müssen die gesetzlichen Pflegeversicherungen genauso wenig wie die Krankenkassen für die Finanzierung aufkommen. Vielmehr reicht die Versorgung mit anderen Hilfsmitteln aus. Dies konnte im vorliegenden Fall ein Rollstuhl sein, argumentierte das Landessozialgericht. Er war von der zuständigen Kasse bereits bewilligt und bezahlt worden. Das Gerichtsurteil wird auch durch ein früheres Urteil des Oldenburger Sozialgerichts gestützt, das zu einer ähnlichen Begründung gekommen war.

Strenge Auslegung des Hilfsmittelbegriffs

Das vorliegende Urteil zeigt einmal mehr, wie eng der Begriff des Hilfsmittels in der Kranken- und Pflegeversicherung gefasst wird. Tatsächlich könnte das elektrische Fahrrad für den Patienten eine enorme Erleichterung bringen. Die Mobilität im Alltag wäre deutlich zu steigern, der behinderte Mensch wäre weitaus weniger auf die Unterstützung von Pflegern oder Angehörigen angewiesen. Trotzdem lehnt die Sozialversicherung die Kostenübernahme mit der Begründung ab, es handele sich hier nicht um ein Hilfsmittel, sondern um einen Gebrauchsgegenstand. Völlig unbeachtet bleibt dabei, dass die Mobilität des alten Menschen durch ein solches Fahrrad weitaus großzügiger bemessen ist als durch die Nutzung eines Rollstuhls. Der Rollstuhl lässt selbst bei modernster Ausführung den Eindruck entstehen, der Behinderte sei alt, krank und gebrechlich. Ein E-Fahrrad erweckt dagegen den Anschein einer gesteigerten Mobilität, es führt zu einer stärkeren Unabhängigkeit des alten Menschen von Hilfspersonen, und es erweitert seine Beweglichkeit und seine Lebensqualität. Dieser naheliegenden Begründung wollten sich die Richter offenbar allerdings nicht anschließen. Hier bleibt man bevorzugt bei der engen Auslegung des Hilfsmittelbegriffs und verlangt somit die volle Kostenübernahme für das mobilitätserhaltende Fahrzeug durch den Patienten. Das Urteil gilt für die Krankenversicherung ebenso wie für die Pflegeversicherung, obwohl diese für die Kosten von Pflegemitteln, von Pflegebetten und anderen Pflegemitteln verhältnismäßig problemlos aufkommt.

 

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