Neue Zähne im Urlaub?

Günstige Angebote locken, doch Zahntourismus birgt auch Risiken

Köln im Juli 2016. Seit mehreren Jahren entscheiden sich viele Deutsche, für Zahnkronen, Brücken oder Implantate ins Ausland zu reisen, denn dortige Kliniken locken mit günstigen Angeboten. Aus dieser Nachfrage hat sich mittlerweile eine Branche entwickelt, die Pakete mit Anreise, Hotel und Behandlung inklusive anbietet. „Solche Angebote klingen verlockend, doch sollten Patienten bei Wahl des Arztes, Ortes und angegebenen Kosten sehr genau abwägen, denn hier lauern Gefahren“, weiß Dr. med. dent. Thea Lingohr MSc., Zahnärztin und Oralchirurgin aus Köln und Inhaberin der Zahnarztpraxis Dr. Lingohr & Kollegen.

Qualitätsunterschiede bei Zahnersatz                          

Trotz Vorsorge kann es zu Zahnverlust kommen, etwa durch Krankheit oder Unfälle, und das schon in jungen Jahren. Festsitzender Zahnersatz, wie Kronen, Brücken oder Implantate, hat auf Grund von Material- und Fertigungskosten berechtigterweise einen hohen Preis. Um hier zu sparen, entscheiden sich viele Zahnpatienten für Eingriffe im Ausland. Günstige Zahnersatzbehandlungen im Ausland müssen nicht zwangsweise schlecht sein, da Material- sowie Lohnkosten oft geringer ausfallen als in Deutschland. Zudem übernehmen Krankenkassen die Kosten für Auslandsbehandlungen in EU-Mitgliedsstaaten bis zu der Höhe, die auch beim entsprechenden Vorgehen im Inland angefallen wäre. Doch in anderen Ländern kann es sein, dass die Qualitätsstandards von denen in Deutschland abweichen und so minderes Material für Zahnersatz verwendet wird. Da ausländische Kliniken mit kurzen Behandlungszeiten werben, lassen sie den Zahnersatz zudem häufig in Eile anfertigen. „Doch besonders die perfekte Abstimmung der Form und Farbe des Zahnersatzes auf die echten Zähne ist sehr wichtig. Nur so lässt sich ein optimaler Halt, Tragekomfort sowie ein natürliches Aussehen erzielen“, erklärt Dr. Lingohr. Informationen über die verarbeiteten Werkstoffe des Zahnersatzes können Patienten dem Materialpass entnehmen, der jedoch nicht in jeder ausländischen Klinik ausgehändigt wird. Treten im Nachhinein Mängel auf, sind die Rechte der Patienten bei Gewährleistungsansprüchen in Deutschland klar geregelt. Entstehen jedoch Probleme aus einer Behandlung im Ausland, nachdem die Patienten wieder in der Heimat sind, ist kein Zahnarzt in Deutschland verpflichtet, den fremden Zahnersatz nachzubessern.

Hohe Standards in Deutschland

„In Deutschland gelten sowohl für die Qualität der Zahnersatzprodukte als auch für das Niveau der Ärzte hohe Standards. Fachärzte für Parodontologie und Implantologie müssen einen hohen Grad an fachlicher Ausbildung und Erfahrung nachweisen. Für die Qualifikation des Oralchirurgen ist neben dem Studium der Zahnmedizin eine weitere vierjährige Ausbildung nötig. Eine Weiterbildung zum Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen dauert sogar fünf Jahre, von denen mindestens drei Jahre im Stationsdienst abgeleistet werden müssen. So erhalten Ärzte eine fundierte theoretische sowie praktische Ausbildung“, berichtet Dr. Lingohr. Doch auch international gibt es sehr gute Ärzte und eine Behandlung im Ausland kann insbesondere dann Sinn ergeben, wenn ein Patientenfall speziell ist und einen Experten benötigt, der diesen am besten behandeln kann. „Heimische Zahnärzte kennen jedoch Vorerkrankungen und die individuellen Bedürfnisse der Patienten und können sich so auf sie einstellen“, erklärt Dr. Lingohr und ergänzt: „Viele meiner Patienten behandle ich schon seit vielen Jahren und kenne aus diesem Grund die jeweilige Mundsituation ganz genau.“

Vor- und Nachbehandlungen bedenken

Zahnersatz steht meist am Ende umfangreicher Diagnostik und Vorbehandlungen des Zahn-, Mund- und Kieferbereiches. „Vor dem Einsetzen eines Zahnersatzes muss der Zahnhalteapparat frei von Entzündungen wie Zahnfleischbluten sein. Zudem müssen Patienten im Vorfeld vorhandene Karies an allen Zähnen sowie eine Parodontitis beseitigen lassen. In der Regel sind zum Beispiel für eine Versorgung mit Implantaten mehrere Sitzungstermine und eine mehrmonatige Einheilphase der künstlichen Wurzel im Kieferknochen notwendig, bis schließlich das Anbringen des zugehörigen Zahnersatzes erfolgen kann. Dank des Fast-and-fixed-Systems ist in manchen Fällen jedoch eine Sofortimplantation mit langzeitprovisorischen Brücken möglich, die nach etwa sechs Monaten gegen endgültigen Zahnersatz ausgetauscht werden“, weiß Dr. Lingohr. Diese wichtigen Faktoren lassen sich bei einem Kurzzeitaufenthalt im Ausland oft nicht einhalten. Für eine Nachversorgung oder bei eventuell entstehenden Problemen nach Eingriffen, ist es oft teuer und aufwendig wieder dorthin zu reisen. Um dies zu vermeiden, sollten sich Patienten, die über eine Behandlung im Ausland nachdenken, zuvor mit einem Arzt in der Nähe zusammensetzen und alle Faktoren in einem Kostenplan abwägen.

Weitere Informationen unter www.dr-lingohr.de