Gefahr erkannt – Gefahr gebannt – Parodontitisrisiko im Selbsttest erkennen und einschätzen

Köln im Juni 2016. Auch wenn Zähne auf den ersten Blick gesund erscheinen, besteht oftmals ein erhöhtes Risiko für eine Parodontitiserkrankung. Mehr als 80 Prozent der über 35-Jährigen leiden unter der bakteriellen Entzündung des Zahnfleischs, die unbehandelt auf den Kieferknochen übergreift und schließlich zu Zahnverlust führt. Laut Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung haben etwa 30 Prozent der Menschen eine genetische Neigung, an Parodontitis zu erkranken. Doch auch weitere Risikofaktoren erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung um ein Vielfaches. Dr. med. dent. Thea Lingohr MSc., Zahnärztin und Oralchirurgin aus Köln und Inhaberin der Zahnarztpraxis Dr. Lingohr & Kollegen, rät: „Liegen bestimmte Risikofaktoren vor, sollten Patienten umgehend ihren Zahnarzt hierüber informieren. Nur regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen schützen zuverlässig vor parodontalen Erkrankungen.“

Gereiztes Zahnfleisch

Parodontitis entsteht durch Bakterien, die sich im Zahnbelag (Plaque) festsetzen, Stoffwechselprodukte wie Säure und Giftstoffe bilden und die Mundschleimhaut angreifen. Am Zahn entstehen Zahnfleischtaschen, in denen sich wiederum Bakterien vermehren und eine Entzündung des Zahnbettes auslösen. Dr. Lingohr warnt: „Mangelhafte Mundhygiene zählt daher zu den häufigsten Ursachen für Parodontitis. Blutendes oder gerötetes Zahnfleisch, Zahnfleischrückgang und Mundgeruch deuten auf eine Erkrankung hin.“

Rauchen – Gefährliches Laster

Zigaretten enthalten Nikotin und andere schädliche Stoffe, die eine Durchblutung des Zahnfleischs verringert. Immunzellen können eine körpereigene Abwehr gegen Bakterien nicht mehr ausreichend gewährleisten. Durch die mangelnde Durchblutung des Gewebes verläuft eine Entzündung lange ohne das charakteristische Bluten, weshalb Patienten sie erst im späteren Stadium bemerken. 70 Prozent der Raucher und ehemaligen Raucher erkranken an Parodontitis. Je nachdem, wie viel sie rauchen, kann das Risiko bis zu fünfzehn Mal höher liegen als bei Nichtrauchern. Nikotin fördert zudem den Abbau des Kieferknochens.

Diabetes und Allgemeinerkrankungen

Diabetes gilt ebenfalls als Risikofaktor. „Durch erhöhten Blutzucker entstehen Ablagerungen an Gefäßen und erschweren die Durchblutung. Parodontitis und Diabetes stehen zudem in einer Wechselwirkung zueinander und können sich gegenseitig bedingen“, erklärt Dr. Lingohr und ergänzt: „Zu weiteren Allgemeinerkrankungen, die Veränderungen der Mundschleimhaut und des Zahnhalteapparates begünstigen, zählen etwa Osteoporose, Fettstoffwechselstörung oder Rheuma, das ebenfalls in einer Wechselwirkung zur Parodontitis steht.“

Schwangerschaft und Wechseljahre

Durch die herabgesetzte Immunabwehr und die hormonellen Veränderungen in der Schwangerschaft entstehen vermehrt Zahnfleischentzündungen („Schwangerschaftsgingivitis“), die sich schnell auf das umliegende Gewebe ausbreiten. Parodontitis erhöht dabei das Risiko für Komplikationen während der Schwangerschaft wie Bluthochdruck, Frühgeburten und geringes Geburtsgewicht um das Achtfache. Hormonelle Störungen in den Wechseljahren zählen ebenfalls zu den Risikofaktoren. Mangel am weiblichen Geschlechtshormon Östrogen fördert den Knochenabbau, wodurch leichter eine Parodontitis mit typischen Zahnfleischtaschen entsteht.

Vorsicht bei Medikamenten

Bestimmte Medikamente zur Behandlung von Epilepsie, Bluthochdruck oder nach Transplantationen begünstigen bei etwa 30 bis 50 Prozent der Patienten die Entstehung von Parodontitis. Auch die Behandlung mit Steroiden steht unter Verdacht, eine Parodontitiserkrankung zu fördern. Patienten sollten dem Zahnarzt daher die dauerhafte Einnahme solcher Medikamente mitteilen.

Familienkrankheit Parodontitis

Wie jede bakterielle Infektionskrankheit ist Parodontitis ansteckend und tritt oft familiär auf. Bakterien können sich etwa durch Küssen oder Teilen von Besteck und Trinkflaschen bereits von der Mutter auf das Kind oder unter Lebenspartnern übertragen. Tritt in der Familie gehäuft Parodontitis auf, sollten Patienten dies dem Zahnarzt unbedingt mitteilen.

Seele in gesundem Gleichgewicht

Psychisches Wohlbefinden hat großen Einfluss auf die körperliche Verfassung. Ausgeprägte, lang anhaltende Überbelastung, beruflicher sowie privater Stress und Depressionen schwächen das Immunsystem (Psycho-Neuro-Immunologie) und fördern chronische Erkrankungen. Dadurch erhöht sich das Erkrankungsrisiko beziehungsweise wird der Verlauf einer Parodontitiserkrankung negativ beeinflusst. Wunden heilen langsamer und bieten einen guten Nährboden für Erreger.

Zähne gesund ernähren

Unausgewogene Ernährung sorgt für Vitamin- und Mineralstoffmangel und somit auch für ein unzureichend versorgtes Zahnfleisch. Einseitige Ernährung aus zu viel tierischem Eiweiß und isolierten Kohlenhydraten, wie etwa in Weißbrot und Süßigkeiten, schwächt das gesamte Immunsystem, das sich schlechter gegen Bakterien zur Wehr setzen kann. Auch regen die Inhaltsstoffe die Bildung von Zahnbelägen an, in denen sich die Erreger festsetzen.

Risiko im Alter

Im Alter lässt die Immunabwehr des Körpers nach und Parodontitisbakterien können sich leichter ausbreiten. Darüber hinaus produzieren ältere Menschen weniger Speichel, wodurch bakterielle Beläge besser auf den Zähnen haften bleiben und das Zahnfleisch verstärkt angreifen. Ältere Menschen sind zudem häufig in ihren manuellen Fähigkeiten eingeschränkt, wodurch eine umfangreiche Reinigung mit Zahnseide, Dentalbürstchen und Co. häufig nicht mehr stattfindet. „Ältere Patienten sollten daher besonders viel Wert auf Mundhygiene legen und regelmäßig eine professionelle Zahnreinigung (PZR) in Anspruch nehmen“, rät die Fachzahnärztin.

Weitere Informationen unter www.dr-lingohr.de